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  Sport * Saison 2011/12

SC Freiburg, Herren, Saison 2007/2008 (Foto: Marc Faltin)


06.11.2011: Citygossip 1: Fußball mit heißer Schokolade


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06.11.2011, "White Hart Lane" Stadion:
Fußball mit heißer Schokolade
Citygossip 1

London! Premier League! Zufall oder Schicksal haben mich in dem Stadtteil mit der höchsten Premier-League-Fußball-Club-Dichte eine Wohnung finden lassen. Das Chelsea-Stadion, wie auch das des Fulham FC sind 15 Minuten Fußweg entfernt, bei gutem Wind hört man das Torjubeln, unsere sonst so ruhige Strasse wird mit Autos und Fußballfans jedes Wochenende überschwemmt und das Internet bricht zusammen. Keine Ahnung woran das liegt, korreliert aber regelmäßig mit Spieltagen. Fußball-Ausnahmezustand. Meistens gehe ich (zufällig) am Matchtag an den Fluss (ja, die Themse) joggen, laufe um die vielen ins Fulham FC Stadion strömende Männer und das Stadion herum (da die VIP-Lounge am Wasser liegt, dürfen wir Wochenendjogger da nicht lang), an den vielen Wurstständen vorbei (jeder kleine Pub und manche Pizzerien bieten Essen an: Burger, Fish and Chips, Pizza), den übervollen Pubs, den singenden Fans im Park. Fulham FC ist der Familienclub, das Stadion klein, die Stimmung gut, der Fußball … mittelmäßig bis schlecht. Fulham ist, was den Tabellenplatz angeht, Freiburg nicht ganz unähnlich… Und auch in Freiburg liegt das Stadion am Bach...

Chelsea ist "der andere Club". Zu dem man ja nicht geht, wenn man im Londoner Stadtteil Fulham wohnt (so wie ich). Da spielt es keine Rolle, dass das Stadion genauso in Fulham steht (und nicht im benachbarten, schicken, reichen Stadtteil Chelsea). Das Stadion ist groß, die Fans kommen aus ganz London angereist, verstopfen die immervolle Tube (die Londoner U-Bahn) und werden mit viel Polizei zum Stadion eskortiert. Der Club gehört dem Russen Roman Abramovitch, hat genug Geld für gute Spieler und - Erfolg in der Premier League.

Nah dran im White Hart Lane Stadion.
Nah dran im White Hart Lane Stadion.

Bei so viel Fußball um mich rum, wollte ich natürlich schnell ins Stadion (natürlich ins "Craven Cottage", natürlich zum ältesten Londoner Club - Fulham!). Allerdings lassen einen die Ticketpreise schwer schlucken: seit ein paar Jahren gibt es in britischen Stadien keine Stehplätze mehr, Sitzplätze zu Premier League Spielen sind entweder gar nicht im freien Verkauf (nur für Mitglieder oder Dauerkartenbesitzer), oder sehr teuer: 50 Pfund aufwärts (ca. 58 Euro). Dann doch die günstigere, aber auch weniger interessante Variante: Europaleague!

Aufgrund terminlicher Diskrepanzen wurde es dann keins der beiden Stadien - zusammen mit ein paar Kollegen ging ich zu Tottenham Hotspurs ins "White Hart Lane" Stadion. Das liegt am anderen Ende der Stadt im sozialen Brennpunktgebiet, wo die Reste der "London Riots", der Aufstände im August, noch zu sehen sind, und man bei der Anreise im Bus besser nicht das iPhone [The Säzzer ist völlig entsetzt, dass the killercat so ein Drecksmobiltelefon ihr eigen zu nennen scheint. Pfui!] aus der Tasche zieht, zumindest hat man das Gefühl… Erster Eindruck: großes Stadion, das von außen wie ein Wohnhaus aussieht. Und: wow, sind wir nah dran! Für 30 Pfund sitzen wir in der fünften Reihe, keine Gitter (verboten), keine Tartanbahn, nur der grüne, heilige Rasen und die Spieler so nah, man könnte ihnen zuflüstern… Traditionell wird in der Halbzeitpause "Pie" (ein Mürbteigtörtchen mit Gulaschfüllung) gegessen, da wir hungrig waren, probierten wir schon vorher - gute Alternative zur Wurst mit Brot! Allerdings bekommt man auch Chinesisch, wenn man will.

''Mind your language''.
''Mind your language''.

So gestärkt und dick eingepackt erlebten wir allerdings eine enttäuschende erste Halbzeit: Tottenham spielte mit der Ersatzbank und die Gegner (die Russen "Rubin Kazan") dominierten das etwas lahme Spiel. Wir gingen bald dazu über, die Russen zu unterstützen, hatten diese doch wesentlich mehr Ballkontakt und mehr Torschüsse als die Heimmannschaft. Leider bekam Tottenham dann einen glücklichen Strafstoss - und der Ball segelt schön ins rechte obere Eck. Die Fans (das Stadion nur halbvoll) jubelten ein wenig, dann gingen sie zur Halbzeitpause Pie essen und heiße Schokolade trinken. Ja, wirklich! Kein Alkohol, kein Bier. Seltsame Bilder: Fußballfans in voller Montur mit heißer Schoki in der Hand - süß. Überhaupt ist manches anders: fluchende Fans können aus dem Stadion fliegen, grundsätzlich keine Stehplätze und keine Gitter (Verletzungsgefahr), rauchen verboten, natürlich die allgegenwärtige Kameraüberwachung. Trotzdem soll es Hooligans geben und die Stimmung im Stadion manchmal ziemlich hoch kochen… Nicht in diesem Spiel. Auch wenn die zweite Halbzeit etwas besser war - richtige Fußballstadion-Stimmung kam leider nicht auf und Tore fielen auch keine mehr. Damit verdrängte Tottenham Rubin Kazan vom ersten Platz der Gruppe A in der Europaleague, aber das nur am Rande.

Irgendwie muss ich wohl doch noch an Premier League Karten kommen. So lange jogge ich am Stadion vorbei… Heute hat Fulham gegen Tottenham verloren. Zu Hause. Die Stimmung war trotzdem gut.
killerkatze



 
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