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  Archiv · Nr. 5 · 1. Jhg. · 7. Oktober 1998

Archiv / Ausgabe 4 / Hochschule


Im Folgenden dokumentieren wir eine Stellungnahme des AStAs der FH Konstanz zu den Ereignissen um das Treuhandkonto:

FH-Studierende sparen sich 70.000 DM

Am 06. Mai 1998 beschloß die Vollversammlung der FH Konstanz, die sogenannten 100,- DM "Einschreibegebühren" zu boykottieren, d.h., sie sollten auf ein Treuhandkonto eingezahlt und als Druckmittel zur Abschaffung selbiger Gebühren eingesetzt werden. Mit großer Mehrheit wurde damals der Argumentation des AStA gefolgt, wonach die 100,- DM niemals dem Aufwand für ein automatisiertes Rückmeldeverfahren entsprechen. Entschieden wurde es abgelehnt, daß wir mit versteckten Studiengebühren den Landeshaushalt aufbessern sollen.
Als die FH Konstanz als einzige baden-württembergische Hochschule das selbstgesetzte Quorum von 600 EinzahlerInnen auf das Treuhandkonto erreichte, war dies schon eine kleine überraschung. Ernsthaft war damit nicht zu rechnen gewesen, steckten doch die anderen Hochschulen im Ländle, allen voran die großen Unis aus Freiburg und Tübingen, in einem Motivationsloch. Der Boykott der 100,- DM "Einschreibegebühren" war dort schon einmal mangels Beteiligung gescheitert. Es war somit am Stichtag 30.06.98 die entscheidende Frage, ob wir den Boykott wenigstens für die FH Konstanz durchführen können.
Nach mäßigem Beginn der Einzahlungen auf das von einem Rechtsanwalt verwaltetem Konto erreichten wir dann am 29.06.98 die erforderlichen 60.000,- DM-Grenze. Es kamen mit den "Nachzüglern" insgesamt 755 Einzahlungen auf das Konto, was einer Beteiligung von über 25% aller Studierenden entsprach.
Der landesweite Boykott war gescheitert, wir standen mit unserem Boykott allein auf weiter Flur. Selbst für den größten Optimisten war es nun unwahrscheinlich geworden, daß wir an der kleinen FH Konstanz die "Einschreibegebühren" kippen könnten.
Auf der Vollversammlung am 01.07.98 wurde beschlossen, bis zur Ankündigung der Treuhandkonto jetzt!Zwangsexmatrikulation den Boykott aufrecht zu erhalten, um unseren Protest wenigstens zeitlich auszudehnen. Von der Verwaltung wurde während der Vollversammlung auf die Folgen und Gefahren einer Zwangsexmatrikulation hingewiesen und erklärt, daß ohne die 100,- DM keine Imma-Bescheinigungen für das Wintersemester ausgegeben werden können. Daraufhin stellten knapp 70 KommilitonInnen den Antrag auf überweisung ihrer 100,- DM auf das Konto der FH, damit diese ordentlich immatrikuliert sind.
Am 29.07.98, es waren noch über 60.000,- DM auf dem Treuhandkonto, fällte der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg ein Urteil, daß das Ministerium aufschrecken ließ: die Verfassungsmäßigkeit der "Einschreibegebühren" wurde dem Bundesverfassungsgericht (BVG) zur Prüfung vorgelegt, da die Richter nicht der Argumentation der Landesregierung folgten, daß eine Rückmeldung Kosten in Höhe von 100,- DM verursachen würden. Die klagenden Studierenden, darunter auch eine Kommilitonin von der Uni Konstanz, hatten dieses Argument vertreten, das schon bei der Einführung der "Einschreibegebühren" von den baden-württembergischen Asten vorgebracht wurde. Aber von Trotha hatte die Argumente der studentischen VertreterInnen immer zurückgewiesen und statt dessen polemisiert wir "sollten halt vier, fünf Bier weniger trinken" (v.Trotha im Mai an der Uni KN).
Nun hat er eine auf sein juristisches Haupt bekommen und wir haben durch unsere Geduld und Beharrlichkeit 71.900,- DM ungerechtfertigte Gebühren gerettet. Für die beteiligten Studierenden gewiß eine schöne Sache.
Es war nicht das Treuhandkonto, das die Landesregierung zur Aussetzung der Gebühren zwang, um dies festzuhalten. Die klagenden Studierenden hatten letztendlich den Erfolg herbeigeführt, den wir nun auskosten. Diesen Studierenden gilt unser Dank, zeigt deren Geduld die Instanzen zu durchwandern auch, daß es sich sehr wohl lohnen kann den vermeintlichen Goliath in die Schranken zu weisen.
Noch sind die 100,- DM "Einschreibegebühren" nicht vom Tisch. Mit einer Entscheidung des BVGs ist in Kürze nicht zu rechnen. Andere häßlich Methoden unseres Ministers von Trotha, uns das Geld aus der Tasche zu ziehen, bleiben zu erwarten. Das Geld (immerhin 40 Millionen DM pro Jahr) wird von Trotha nun irgendwo anders einsparen müssen. Da die Universitäten Garantien durch einen Solidarpakt haben, wird sich von Trotha zwangsläufig im Sparwahn auch auf die Fachhochschulen stürzen. Und dieser Bereich war dem Minister immer "sehr wichtig". Es bleibt abzuwarten was man von diesem Mann noch zu erwarten hat. Bestimmt nichts, was mit einer soliden Bildungspolitik zu tun hat.
Für diejenigen Leute, die ihre 100,- DM auf das Konto der FH gezahlt haben, herrscht juristisches Chaos. Ob die 100,- DM durch eine Klage gegen das Land zurückgefordert werden können, ist völlig unklar. Der AStA würde sich aber freuen, wenn ein/e Betroffene/r dies aufnehmen würde. Die Mitglieder des AStA sind von dieser Situation glücklicherweise nicht betroffen, würden aber jede Initiative begrüßen und unterstützen.

Andreas Trost, kom. Vorsitzender


Ausgabe 4, Stichwort: Das Treuhandkonto
Ausgabe 4, Kommentar zum Treuhandkonto
Ausgabe 4, Bericht: Uni-AStA fällt um
Ausgabe 3, Bericht: Treuhandkonto beschlossen


 
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