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  Archiv · Nr. 1 · 1. Jhg. · 25. März 1998

Archiv / Ausgabe 1 / Titelthema

Stichwort
Das Studentenwerk

Da im baden-württembergischen Landtag zur Zeit ein neues Studentenwerksgesetz diskutiert wird und die meisten Studierenden der Begriff ‚Studenten-werk‘ nur mit steigenden Mieten und weniger schmackhaften Mensagerichte verbinden hier ein kleiner überblick, was dieses macht und ist.
Die ersten Studentenwerke wurden nach dem Ersten Weltkrieg gegründet. Damals versuchten die Studentenschaften durch studentische Selbsthilfe wenigstens die größte wirtschaftliche Not (die wirtschaftlichen Folgen des Krieges und die fortschreitende Inflation ließen die Kosten für ein Studium im Vergleich zur Vorkriegszeit auf das Dreifache steigen) der Studierenden durch bereitstellen von Mensen, Studentenwohnungen und später durch Darlehen zu lindern.
Inzwischen gibt es 63 Studentenwerke, von welchen der Großteil Anstalten des öffentlichen Rechts sind. Das Studentenwerk Konstanz ‚kümmert‘ sich um die Studierenden der Uni und der FH Konstanz, der PH Weingarten, der FH Ravensburg-Weingarten und der BA Ravensburg. Finanziert werden die angebotenen Dienstleistungen zu 64,5% aus den Erlösen der Mensen und Studentenwohnheimen, zu 19,1% aus Landeszuschüssen, zu 8,3 % aus Bundeszuschüssen und zu 8,1% aus den Semesterbeiträgen der 15718 Studierenden (alle Zahlen vom Jahre 1996). Der Umfang der Angebote hat sich seit der Gründungszeit erweitert: Caféten, soziale und psychotherapeutische Beratungsstellen, Versicherungen, BAföG-Vergabe (Finanzierung hier über den Bund) und kurzfristige Darlehen.
Im Gegensatz zu andere Ländern wie Sachsen oder NRW ist die studentische Mitsprache in BaWü sehr eingeschränkt: in der Vertreterversammlung des Studentenwerkes Konstanz sitzen 7 studentische VertreterInnen (gesamt: 19), im Verwaltungsrat des Studentenwerkes zwei Studierende (gesamt: 8).
Die Studentenwerke stellen jährlich einen Wirtschaftsplan auf, dessen Ziel nicht ein Gewinn an Kapital sondern ein Ausbau der angebotenen Dienste für die Studierenden ist. Dieser muß vom Landesministerium für Bildung abgesegnet werden.
Einige Mensen werden inzwischen an private Catering- Unternehmen vermietet, da diese durch billigere Arbeitskräfte und ihr Ziel nach Gewinnmaximierung diese Dienstleistung (zumindest kurzfristig) kostengünstiger anbieten können. Auch die Finanzhilfe vom Land wird wegen leerer Staatskassen immer weiter geschrumpft. Die Studentenwerke befinden sich daher in einer Umbruchsphase, deren Ziel langfristige Konkurrenzfähigkeit zu den privaten Anbietern ist. Dies soll nach Aussagen des Deutschen Studentenwerkes e.V. unter anderem durch Qualitätsverbesserungen, Anpassung den Managements an die Anforderungen eines Dienstleistungsunternehmens dieser Größe und Weiterbildung des Personals erreicht werden. Solch ein Umbruch fällt den Studentenwerken offensichtlich sehr schwer, was sicherlich auch deren schlechtes Image zurückzuführen ist. Doch betriebswirtschaftlich arbeitet das Studentenwerk inzwischen schon effektiver als die meisten anderen staatlich geförderten sozialen Einrichtungen.
Weil die Studentenwerke im Gegensatz zu privaten Anbietern die Verbesserung der (auch wirtschaftlichen) Situation Studierender als Ziel haben, ist es wichtig, daß bei einer Novellierung des Studentenwerksgesetztes in BaWü eine stärkere Mitbestimmung der Studierenden, verläßliche finanzielle Hilfe des Landes und ein vom Lande unabhängigeres Management der Studentwenwerke im Vordergrund stehen.
Studierende sollten auch die Möglichkeit ergreifen, ihre Mitbestimmungsrechte wahrzunehmen und konstruktiv Verbesserungsvorschläge an die Geschäftsleitung weiterleiten. Die Qualität der Dienstleistungen wird sicherlich langfristig durch Studentenwerke besser ausgebaut als durch private, gewinnorientierte Anbieter.
Und das Land sollte nicht aus seiner Pflicht entlassen werden, Studierende zu unterstützen.

° Bericht: Von Trotha "wie Flasche leer"?
° Kommentar: Geschmacklos


 
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